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Kino - dafür werden Filme gemacht


- Eve und der letzte Gentleman -
08.09.1999 / Astoria I (Bielefeld)

- Filmposter -
Wie so oft - in letzter Zeit wieder mit schöner Regelmäßigkeit - saß ich zusammen mit Lars und Matze am 2. Mittwoch des Monats in den bequemen Sesseln des Astorias und wartete nach dem üblichen Einlaßzeremoniell auf die "Schleich-Vorschau".

Und erneut hat das Astoria Geschick bei der Auswahl des Films getroffen. "Blast from the Past" ließ jedenfalls eine vergnügliche Nacht erwarten.

Zum Inhalt ...

Calvin Webber (Christopher Walken) ist ein genialer Wissenschaftler. Er lebt mit seiner Frau Helen (Sissy Spacek) in einem ruhigen Vorort und hat an diesem Abend im Jahr 1962 alle Hände voll zu tun, die Gäste seiner kleinen Cocktailparty mit Getränken zu versorgen. Just in diesem Augenblick wird das laufende Fernsehprogramm unterbrochen von einer Sonderdurchsage des amtierenden US-Präsidenten John F. Kennedy, der die Ausrichtung von auf Kuba stationierten russischen Atomraketen auf die USA bekannt gibt.

- Zweisam -
Leider ist Webber nicht nur genial, sondern auch schrecklich paranoid und in dieser unruhigen Zeit hat er für einen Atomschlag vorgesorgt: er beendet prompt die Party und bringt seine Frau und sich in einem tief unter ihrem Haus gelegen Stahlbunker in Sicherheit. Dieser Atombunker ist exakt so eingerichtet wie das Webbersche Haus und es läßt sich aufgrund von klimatisierten und beleuchteten Fischtanks (für die Nahrung ;-) schon ein paar Jahre dort aushalten. Um genau zu sein: 35 Jahre. Auf diese Zeit hat Webber das Zeitschloß an den automatischen Türen eingestellt und niemand kann sie vorher öffnen.

So verbringt das Ehepaar die Zeit mit alten Schwarz-Weiß-Filmen und Readers-Digest-Büchern und zu allem Überfluß erblickt nach einiger Zeit sogar ein kleiner Junge (als Erwachsener gespielt von Brendan Fraser) namens Adam das künstliche Licht der kleinen Webber-Welt.

- Elternhaus -
In 1997 ist der große Augenblick gekommen und die Webbers schicken den mittlerweile zu einem stattlichen Mann herangewachsenen Adam an die Oberfläche und auf die Suche nach einem "feinen Mädchen aus Pasadena", um die Welt mit aufrechten Menschen neu zu bevölkern. Doch davor gilt es ein paar Hürden zu überwinden. Adam ist zwar alles andere als dumm und sein Vater hat ihn in Mathematik, Physik und Geschichte wirklich so gut wie alles Wissenswerte gelehrt, während seine Mutter Kurse in gutem Benehmen und Tanzen gab, aber er ist halt auf dem Stand von vor 35 Jahren.

So ist die jungen Eve (Alicia Silverstone) zunächst ziemlich geschockt, als der unbeholfene, sehr merkwürdig gekleidete Adam sie aus Versehen im Gedrängel von Los Angeles anrempelt und mit "Ma'am" anspricht. Doch die welterfahrene und offene junge Frau merkt ziemlich schnell, daß weitaus mehr in dem augenscheinlich ziemlich trotteligen Jungen steckt ...

Hmm ...

Was habe ich erwartet von diesem Film? Na, eine klamottige Komödie. Zumindest die Trailer versprachen etwas in dieser Richtung. Der dösige Gesichtsausdruck von Brendan Fraser und das blonde Dummchen Alicia Silverstone ließen solcherart Rückschlüsse im Vorfeld durchaus zu.

Doch leichte Überraschung machte sich bereits am Anfang breit. Einmal fand ich die Maske von Christopher Walken recht beeindruckend und zum anderen vermisste ich komplett die Klamotte. Es wurde eigentlich nur eine ruhige, interessante und mit einigen Schmunzlern versehene Geschichte erzählt, die eindeutig vom Spiel Walkens lebte. Sissy Spacek als Adams Mutter machte ihre Sache als langsam kirre werdende Schnapsdrossel allerdings auch sehr überzeugend, hatte nur etwas weniger Präsenz.

Richtig in Fahrt kommt der Film allerdings erst nach ungefähr einem Viertel der Spielzeit, wenn die Webbers aus ihrem selbst gewählten Gefängnis entlassen werden und zunächst Vater Webber in Schutzkleidung durch das L.A. der Gegenwart - und nicht durch den zivilisierten Teil ;-) - stolpert. Die Gesellschaft erscheint ihm in dieser regnerischen und trüben Nacht tatsächlich "verstrahlt".

Die Geschichte wird dann nochmal einen Gang schneller, wenn Adam beschließt auf eigene Faust für neuerliche Versorgung des Bunkers und eine eventuelle Rettung der Menscheit durch Fortpflanzung zu sorgen. Die Komik der darauf aufbauenden Szenen kommt wahrlich nicht aus der Klamottenkiste, sondern entsteht durch das aufeinanderprallen zweier völlig unterschiedlicher Welten. Adam macht nämlich in unserer Zeit eigentlich gar nichts falsch, er macht es nur richtiger als wir und das wirkt *sehr* putzig auf die Umwelt.

Normalerweise hat man heutzutage einfach nicht mehr so gute Manieren oder setzt sie zumindest nicht mehr mit einer solchen Selbstverständlichkeit ein. Dies erstaunt zumeist das Umfeld Adams als auch das Publikum auf der anderen Seite der Leinwand. Doch selbst Zeitgenossen, auf die Adams Art eher provozierend wirkt, können dem im Prinzip unsicheren jungen Mann nichts anhaben. Ein vergegenwärtigter Spruch seiner Mutter paßt auf jede Situation, und sei sie noch so brenzlig.

Leider viel zu selten gibt es im Kino so lustige Filme die dabei kein bißchen kitschig, kindisch oder albern wirken. Hier können sich viele Möchtegernkomiker noch eine dicke Scheibe von abschneiden.

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