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Kino - dafür werden Filme gemacht

Unterwegs nach Cold Mountain

Kritik von Barbara Cerveny

Ein bekanntes Szenario: Man sammelt sich nach dem Kino wieder aus dem Sessel auf, mit dem man während der 90 Minuten zu einer Einheit verschmolzen ist, lässt die leere Popcorntüte zerknüllt unter dem Sitz liegen und murmelt beim Verlassen des Saals ein paar Worte vor sich hin. Meistens kommt dann etwas Eloquentes wie "Moah, war der geil" oder "Na, des hät ma uns sparen können". Ist man aber unterwegs von "Cold Mountain" nach Hause, ist es einem leider nicht möglich, ein solches Resümee abzugeben.

Man schreibt das Jahr 1860 in den Südstaaten Amerikas. Ada, die Pfarrerstochter gespielt von Nicole Kidman muss den Mann ihrer Träume Inman (Jude Law) in den Bürgerkrieg ziehen lassen. Die typische "Die Frau bleibt in der Höhle - der Mann geht jagen"-Situation. Nur einmal geküsst und vielleicht einen einzigen zusammenhängenden Satz gesagt, wartet Ada auf Inman und gibt ihm durch ihre Briefe Kraft zum Überleben. Doch der Krieg hinterlässt Spuren. Inman, der voller Überzeugung von der Sache in den Kampf gezogen ist, erkennt bald die Sinnlosigkeit des Krieges und wird fahnenflüchtig. 300 Meilen lässt er zu Fuß hinter sich, um zu seiner Liebe zurückzukehren. Währenddessen stirbt Adas Vater und hinterlässt der städtischen Samthandschuh-Tochter eine Ranch. Die Arme würde fast verhungern, liefe ihr eines Tages nicht Ruby (Renée Zellweger) zu. Ruby, die Gott mit mehr Muskelkraft als Weiblichkeit ausgestattet hat, hilft Ada auf der Ranch und wird gleichzeitig zu ihrer besten Freundin.

Es gibt sicher Einige, die den Film in die Schublade "Kitschige Liebesfilme" gleich neben den Ordner "Titanic" oder "Pearl Harbor" stecken würden. Ich allerdings habe meine Schwierigkeiten, überhaupt zu sagen, an welches Genre Regisseur Anthony Minghella gedacht hat. Zwar ist der Krieg Hintergrundkulisse und immer präsent, doch hat Heroismus keinen Ausdruck gefunden. Der Krieg wird weder verherrlicht noch dramatisiert. Vielmehr zeigt er sich von seiner härtesten Seite und das auf eine Art und Weise, die den Zuschauer in einen unparteiischen Beobachter verwandelt und ihm das Verhalten aller Charaktere näher bringt.

"Unterwegs nach Cold Mountain" hat ohne Zweifel seine Schwachstellen, was ihn ein bisschen lächerlich wirken lässt. Während man in der einen Sekunde Zeuge wird, wie eine Mutter von den Konföderierten vergewaltigt wird und ihr Baby im Freien nackt am Boden liegt und dabei ist zu erfrieren, so findet man sich in der nächsten Sekunde lachend vor einer Leinwand sitzen, auf der die sonst so zarte Renée Zellweger in einer robusten Mannsweib-Rolle einem nervigen Hahn den Kopf abreißt. Die größte Schwachstelle sind wohl so ziemlich alle Dialoge zwischen Ada und Inman. Ohne jeglichen Sinn und mit einer ordentlichen Portion Surrealismus kommunizieren beide Figuren miteinander, nebeneinander und aneinander vorbei. Manchmal hatte ich den Eindruck, Charles Frazier, der Romanautor des gleichnamigen Bestsellers, stand unter Drogen oder erlebte die Blüte seiner Pubertät, als er die Dialoge schrieb.

Ich zähle mich aber zu denjenigen, die dem Film seine kleinen Sünden verzeihen konnten. Ich habe ihn verschlungen und genossen. Es wird sicher Viele geben, die sich an den kleinen Patzern, den schwachen Stellen festkrallen. Eines muss man ihm aber lassen: Er hat mich berührt - und er wirkt. In den letzten Monaten war ich ca. zwei Mal pro Woche im Kino, aber das ist der erste Film seit langem, der bei mir Emotionen hervorgerufen hat. Und zwar nicht nur bei mir: Der ganze Saal schimpfte, wenn Nicole Kidman Sätze von sich ließ, von denen man meinen könnte, sie hätte das falsche Drehbuch auswendig gelernt. Man konnte Hass und Ekelschweiß seiner Sitznachbarn förmlich riechen bei Szenen, in denen Menschen gefoltert und wie Tiere umgebracht wurden. Lautes Gelächter erfüllte das Kino als Ruby ihr schroffes Mundwerk auf Hochtouren brachte und mit ihrer liebenswürdig bauernhaften Art die Sympathie der Zuschauer gewann. Ein breites Grinsen zauberte sich auf jedes Gesicht als endlich die erwartete viel zu lange Mini-Porno-Erotikszene kam, die in den Film genauso passte wie ein Blinder in eine Peepshow. Und nicht zu vergessen, die kleine Träne, die über jede zweite Backe kullerte, als Ada und Inman zeigten, was Liebe auf den ersten Blick bedeutet.

Sicher stellt ihr euch nun die Frage, ob der Film sehenswert ist oder nicht. Ich finde er ist es auf jeden Fall, es sei denn, man ist Perfektionist.


Diese Kritik ist die Meinung von Barbara Cerveny.

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