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Kino - dafür werden Filme gemacht

Resident Hitler

Kritik von Enzo Strick

RESIDENT HITLER

Bernd Eichinger weiß, dass Filme stark sein müssen, um beim Publikum lebend anzukommen. Deshalb lässt er seine Protagonisten gerne darwinistische Reden schwingen, die ganz einfach - bauchmässig - zu verstehen sind, und deutlich machen, dass es jetzt hier gerade um alles geht. Hitler brabbelt über seinem Spinat vom Volk, dass seine letzte Prüfung akzeptieren muss; der Chef der Umbrella Corporation lässt Milla Jovovich gegen ihren Herzensbruder aus dem ersten Teil von Resident Evil antreten - welche Kreatur, welche Disposition, welcher Film ist stärker? Die beiden Filme via den Namen des Produzenten als zwei Seiten derselben Medaille zu lesen, führt in die Irre - es handelt sich eher um dieselbe Komposition, auf verschiedenen Instrumenten gespielt. Das Stück ist die Ambivalenz der Erinnerung, die Instrumente gleichen seltsamen Eigenbauten aus diversen Genres, am ehesten als Zombiekammerspiel zu benennen.

Der Zombiefilm der 70er und 80er Jahre hat seine Zuschauer stets mit zwei einfachen Mitteln zu berühren versucht: zum einen der klaustrophobischen Situation in Haus Keller Einkaufszentrum, welche die zum Untergang verdammten Personen an den Rand des psychologischen Zusammenbruchs bringt. Night of the Living Dead z.B. demonstriert anhand dieser Laborsituation meist die Entstehung faschistischer Denkweisen aus dem Ego des amerikanischen Citizen, der lieber allein draufgeht als mit einem Schwarzen zusammenzuarbeiten. Auf der anderen Seite der Terrorstrategie steht die möglichst exzessive, realistisch gestaltete Gewalt gegen Körper, seien diese nun lebendig oder untot. Zentrales Spannungselement ist das Thema der Infizierung, der um sich greifenden Seuche, womit nie nur das Zombievirus, sondern auch die ideologische Kontamination gemeint ist. Wie bei Romeros Film zu sehen, kommt zwar immer jemand davon, aber eigentlich ist immer schon alles zu spät: Der überlebende Schwarze wird von der Bürgerwehr erschossen, während die Zombies das Land überschwemmen. Dieser konsequente Pessimismus unterscheidet oft zwischen A und B-Movie, und findet sich daher weder in Resident Evil noch in Der Untergang - beide Filme sind miteinander konkurrierende Blockbuster.

Aber zu spät ist es auch für Hitler und die Bewohner des unterirdischen Bunkers im Kessel Berlin-Mitte, und ebenso für Milla Jovovich, denn sie ist nach den bösen Experimenten der Umbrella Corporation bereits mit dem T-Virus infiziert und beginnt zu mutieren. Sie kämpft nach allen Regeln der Martial Arts gegen die zahllosen Untoten und kann das hermetisch abgeriegelte Racoon City schlussendlich auch verlassen, trägt aber die neue Gefahr des dritten Teils schon in sich. Der Film beginnt mit ihrem Bekenntnis: "Ich erinnere mich an alles". Der Untergang eröffnet mit einer Erinnerung von Traudl Junge, der ahnungslosen Sekretärin, deren schleichende Kontamination der Mittäterschaft hinter dem ahnungslosen Gesicht von Alexandra Maria Lara versteckt wird und die am Ende gesteht: "Etwas hätte man doch wissen müssen". Bis zu dieser Erkenntnis bleibt sie die instrumentalisierte und fassungslose Schreibkraft, die sich erst zum Überleben entschließt, als ihr ebenso realitätsfernes Alter Ego Hitler sich seinem eigenen Darwinismus bereits geopfert hat. Milla dagegen weiß alles: dass die Verschwörung der Umbrella Corporation eine ganze Stadt vernichten wird, dass die Zombies nur durch Kopfschuss zu erledigen sind, dass sie selbst gegen ihr Alter Ego Nemesis überleben muss, um die ganze Geschichte der Videokamera zu erzählen.

Bemerkenswert ist hier, dass beide Filme in äussere und innere Mutation unterscheiden: Hitlers Verfall ist dank Bruno Ganz Zitterpartie ebenso sichtbar wie der Gesichtsabgrund des Nemesis, während Jovovich und Lara uns auch von Zombies umringt noch wie aus der Kosmetikwerbung anlächeln. So schaffen es beide - jede auf ihre Weise benutzt - doch noch hinaus, denn ihre Korruption spielt sich im Inneren ab. Ihr Bewusstsein wird zweigeteilt weiterleben, zugleich noch menschlich und schon infiziert. Da hilft auch keine Gehirnwäsche, wie sie Milla auf der Leinwand und Traudl abseits davon erdulden muss - die traumatische Erinnerung an das eigene Ich bricht immer durch.

Die Logik des Berichts - "Ich bin erschrocken, wie tief ich drinsteckte, aber jetzt erzähle ich alles, um die Wahrheit ans Licht zu bringen" - kennzeichnet beide Filme, und beide diskreditieren diese Logik zugleich, indem sie die Kontamination ihrer Protagonistinnen offen verhandeln. Dass wir ihnen trotzdem glauben, liegt an diesem Rest Menschlichkeit, den sie sich aus dem Inferno von Dekadenz, Gewalt und Wahnsinn bewahrt haben und der sie noch immer zwischen Gut (Nemesis, der Vater) und Böse (Umbrella), zwischen verführt (Fritz, Speer) und verloren (alle anderen) unterscheiden lässt.

Dass die Untoten weiterleben, liegt nur in der Natur des Zombies. Aber von Der Untergang werden wir wohl keinen zweiten oder dritten Teil sehen, wie es der Genrekonvention entsprechen würde.

enzo strick für kanalBSRK

Diese Kritik ist die Meinung von Enzo Strick.

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