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Kino - dafür werden Filme gemacht

Der Planet der Affen

Gesehen am 29.08.2001 im Residenz Kinocenter (Sneak-Preview)

Kritik von Johannes Pietsch

Mit "Planet der Affen" drehte Franklin D. Schaffner 1968 einen Meilenstein des Zivilisations-pessimistischen Science Fiction: Die bis heute zeitlos aktuelle Geschichte vom Raumfahrer, der in einer archaischen Affengesellschaft notlandet, in der Menschen wie Vieh gehalten und versklavt werden, bildete eine Negativ-Utopie gegenüber Kubricks "2001" und zog vier Fortsetzungen nach sich. Jetzt hat sich Ausnahmeregisseur Tim Burton des Affenstoffes angenommen und eine aufwendige Neufassung von Schaffners Primatenopus gedreht.

Tim Burtons "Planet der Affen" ist nicht nur Remake, sondern vielfach auch eigenständige Version. So greift der Batman-Regisseur an einigen Stellen dichter auf die Romanvorlage, Pierre Boulles Roman "Monkey Planet" von 1963, zurück als dies der Schaffner-Film tat. 33 Jahre nach Charlton Heston, der hier in einem Cameo als Seniorschimpanse zu sehen ist, stürzt Mark Wahlberg als Weltraum-Robinson auf die Primatenwelt, wo er bald als messianischer Hoffnungsträger der geknechteten Gattung Homo sapiens dem Affen Zucker geben darf. Daneben lässt Burton am Anfang auch ein wenig "2001" hindurchschimmern, wenn Wahlberg auf der majestätisch vor den Saturnringen schwebenden Weltraumstation auf und ab schreitet, nicht ahnend, dass seine dort stattfindenden Forschungsarbeiten an Schimpansen einmal ähnlich umwälzende Folgen nach sich ziehen würden wie einst der Einschlag eines schwarzen Monolithen, der in Kubricks filmischer Utopie einen Urahnen des Menschen dazu animierte, seinen Verstand zu benutzen.

Doch in Inhalt und Anspruch klaffen zwischen beiden Filmen Lichtjahre. Im Schaffner-Film war die politische Botschaft das zentrale Anliegen: "Planet der Affen" thematisierte 1968 Rassendiskriminierung, die Bürgerrechtsbewegung, das Aufbegehren der Hippiekultur und die Angst vor dem vielfachen atomaren Overkill als brennende Fragen der Zeitgeschichte, verpackt in eine deprimierende, düstere und zivilisationskritische Parabel über die Umkehrung der hegemonialen Verhältnisse zwischen Mensch und Tier. Nun gäbe es heute im Zeitalter von Globalisierung, millionenfacher Arbeitslosigkeit und weltweiter Umweltzerstörung sicherlich genauso viele politisch anspruchsvolle Themen, aber da sich im Hollywood des 21. Jahrhunderts dafür keine Produktionsfirma fände und man in der Ära von totaler Unterhaltung, elektronischer Vernetzung und globalen Dörfern ohnehin keine Zeit für eine politische Meinung hat ist Burtons Affentheater ein filmisches Kind seiner Zeit geworden.

Vom Zeitgeist der Woodstock-Ära vor 33 Jahren ist nichts mehr zu spüren: Tim Burtons "Planet der Affen" ist ein reiner Unterhaltungsfilm, inhaltlich oberflächlicher, optisch perfekter, härter, kälter und wesentlich zynischer als das Original. Anspielungen, Parodien und satirische Seitenhiebe finden sich weniger und vor allem viel versteckter als bei Franklin D. Schaffner, dann zum Beispiel, wenn sich in Affentown ein paar drogensüchtige Jungprimaten mit der aggressiven Attitüde zeitgenössischer Ghettokids herumtreiben oder der Hauptdarsteller des Originals Charlton Heston, im Privatleben einer der verbohrtesten und reaktionärsten Gegner eines wirksamen Waffengesetzes in den USA, als gealterter Schimpansen-Patriarch seinem faschistoiden (Film-)Sohn Tim Roth erklärt, mit den Schusswaffen sei das Böse auf die Welt gekommen.

Burton setzte seine Version mit hohem Tempo und erwartungsgemäß spektakulären Schauwerten in Szene, dafür aber mit wesentlich weniger hintergründigem Humor und eigenwilligen Haken, als man es sonst vom Regisseur des Meisterwerks "Sleepy Hollow" gewohnt ist. "Planet der Affen" ist hochkarätiges, aufwendiges Action-Entertainment, komplett im Mainstream angesiedelt und daher viel weniger bizarre, phatasmagorische Filmfantasie, für die Tim Burton sonst stets garantierte. Nur in wenigen Szenen, wenn zum Beispiel die Städte und Landschaften der Affenwelt mit der Fantasie eines Hieronymus Bosch ausgemalt werden, ist die Handschrift des Meisters zu erkennen, der sich mit Filmen wie "Ed Wood", "Mars Attacks" und vor allem "A nightmare before chrismas" den Ruf des eigenwilligen Exzentrikers erwarb. Die Tricktechnik ist wie bei einer auf Blockbuster getrimmten Produktion nicht anders zu erwarten grandios, speziell Rick Bakers Affenmasken fallen wegweisend aus.

Die Schlusspointe des 1968er "Planet der Affen", die damals einen der ganz großen Aha-Affekte der Filmgeschichte kreierte, wurde anno 2001 zugunsten eines sehr auf "Terminator 2" getrimmten finalen Knalleffekts der Marke Zeitreisen und ihre Folgen aufgegeben, unter dem in riesigen, grellen Lettern die heutzutage ebenso aufdringliche wie unvermeidliche Vokabel "Fortsetzung" blinkt. Damit gerät Tim Burtons "Planet der Affen" endgültig zum filmischen Ausdruck seiner Zeit, so wie es Schaffners Film vor 33 Jahren war.

Besucher Nr. seit 30.08.2001


Diese Kritik ist die Meinung von Johannes Pietsch.

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