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Kino - dafür werden Filme gemacht

Pearl Harbor

26. Juni 2001, Astoria, Zwickau
Kritik von Enno Park

Man Stelle sich vor, "Titanic" wäre nicht mit DiCaprio und Kate Winslet gewesen. Man stelle sich weiter vor, James Cameron hätte nicht Regie geführt und ein "Gute-Zeiten-Schlechte-Zeiten"-Autor hätte das Drehbuch geschrieben. Man stelle sich ausßerdem vor, einige Überlebende hätten sich gegen Ende ein paar Rettungsboote geschnappt und aus Rache einen Kamikaze-Angriff auf den Eisberg gerudert. Kling hirnverbrand? Nicht ganz so krass, aber genauso daneben liefs nun im Kino: Pearl Harbor.

Tatsächlich zitiert dieser Film "Titanic" ziemlich schamlos, denn auf der Suche nach einem Plott rund ums Bombardement baute man die klassische Dreiecksliebe inklusive Eifersucht und Rivalität zweier Männer um ein und dieselbe Frau. Allerdings so ganz ohne den Figuren Tiefe zu geben: Wo soziale Gegensätze, Konflikte und tief gezeichnete Charaktäre in "Titanic" die Handlung vorantreiben und fulminant mit der zentralen Katastrophe verwoben werden, wird in "Pearl Harbor" in netten Bildern gezeigt, wie leer und nichtssagend der typische, strahlende amerikanische Held doch sein kann. Egal ob bei seiner Leidenschaft (dem Fliegen), bei Frauen, im Krieg. Die Dialoge jedoch, fast schon wieder unfreiwillig komisch, boten dem Publikum dann doch Anlass zum Gelächter.

Selten war die Freude so groß, dann mal zur Überlängen-Pause rauszudürfen und darauf gespannt zu sein, dass es nun endlich "richtig" losgeht: Die Japanische Flotte steht kurz vor Pearl Harbor und der Angriff beginnt. Was folgt, ist eine typische Bruckheimer-Material-schlacht, die das meiste in den Schatten stellt, was es bis dahin an Kriegsszenen zu sehen gab. "Bruckheimer-Materialschlacht" ist ein Wort. Denn geballert wird genauso euphorisch und nihilistisch wie in jedem x-beliebigen Action-Thriller. Um bei Vergleichen zu bleiben: die Szenen sind weder so innovativ, eingängig und nervenzerfetzend wie die Eingangssequenz von "Saving Private Ryan", sie erinnern sogar fatal an diverse Weltraumgefechte und den Kampf um den Todesstern in "Star Wars". Das ist absolut verniedlichend, gewaltverherrlichend, geschmacklos, zumal die Macher großen Wert darauf gelegt haben, dass die Szenen nicht allzu drastisch werden, damit der Krieg als mehr oder weniger saubere Sache dargestellt wird, ein Abenteuerspielplatz, wo ein ganzer Kerl seinen Mann stehen kann. Quasi für Gott und Vaterland.

Geradezu ekelhaft in diesem Zusammenhang die Darstellung der Japaner. Man stelle sich vor, die japanische Regierung der 1940er Jahre, ein faschistoider und extrem aggressiver Haufen Kriegstreiber, wird dargestellt als eine Gruppe lammfrommer Männer, die nicht mehr wissen, wie sie den Krieg vermeiden sollen. Und diese Verdrehung der Tatsachen wohl nur, damit der Film am japanischen Markt nicht sauer aufstößt.

Den Todesstoß versetzt sich der Film am Ende selbst. Gezeigt wird eine hanebüchende Vergeltungsaktion "Doolittle" der Amerikaner gegen Japan, die so ähnlich wirklich stattfand. Ich erwartete schon den Atombombenabwurf über Hiroshima, aber soviel Chuzpe ist wohl selbst Bruckheimer nicht zuzutrauen. Von vornherein als Selbstmordkommando fliegen unsere Helden über Feindesland, strotzend vor Selbstbewusstsein, Tatendrang und Pflichtgefühl. Um dann nach einer Kette unglaublicher Unwahrscheinlichkeiten doch noch die eigene Haut zu retten, nicht ohne dass einer der Kumpel sein Leben lassen muss, nämlich derjenige, der seinem totgeglaubten Freund die Freundin "wegnahm".

Auf alles hat der Film seine erzkonservative Antwort und nur eine Botschaft: Zurück in die gute alte Zeit, zurück in die 40er und 50er Jahre, als Amerika noch unschuldig war, die Jugend ordentlich und alle noch ein klares - natürlich stramm antikommunis-tisches - Weltbild hatten. Früher nannte man sowas wohl Propagandafilm.

USA 2001, 183 min
mit Ben Affleck, Josh Hartnett, Kate Beckinsale, Jon Voight, Alec Baldwin, Dan Aykroyd
Regie: Michael Bay

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Diese Kritik ist die Meinung von Enno Park.

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