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Kino - dafür werden Filme gemacht

Die innere Sicherheit

Kritik von Enno Park

Warum habt Ihr damals nichts getan? Eine Generation klagte 1968 ihre Eltern an. Die radikalsten unter ihnen verschwanden als Terroristen im Untergrund. Heute haben Sie selber Kinder. Und auch diese Kinder haben ein paar ernsthafte Fragen zu stellen.

Die 15jährige Jeanne ist so ein Kind. Sie lebt im Untergrund. Ihre Eltern sind RAF-Terroristen, die sich in Portugal verstecken. Und Jeanne selber wurde ihr junges Leben lang nur zu Angst und Heimlichtuerei erzogen, und dazu, angesichts einer Gefahr absolut gehorsam zu sein. Natürlich beißt sich das mit dem Wunsch, ein ganz normales Mädchen zu sein. Natürlich Verträgt sich so ein Leben ganz und gar nicht mit der Pubertät. Erst recht nicht mit der ersten Liebe.

Die Eltern sind kongenial mit Barbara Auer und Richy Müller besetzt. Sie die elegante Revo-lutionärin, die ihre Gefühle hinter einer Maske aus Eis versteckt. Er der gehetzte Revoluzzer, der zuschlagen muss, auch einstecken kann. Nichts, außer dem Anspruch, etwas besonderes zu sein, trennt sie von gewöhnlichen Kriminellen. Und beide bezahlen den Preis für ihre Vergangenheit: Die Angst entdeckt zu werden. Die Gewissheit, niemandem außer sich selbst trauen zu können. Die ewige Flucht. Vor der Polizei, vor der Vergangenheit, vor sich selbst: Das ist die Handlung des Filmes.

Christian Petzold kleidet sein mit dem Bundesfilmpreis ausgezeich-netes Werk in die grauen Bilder eines nassen deutschen Winters. Selbst das portugiesische Strand-viertel am Anfang erinnert an eine sozialistische Abbruchruine. Leben findet in kahlen Hotelzimmern und auf endlosen Landstraßen statt. Die monströse Zustände verbergen sich hinter absoluter Alltäglichkeit, auch was die Dialoge betrifft. Keine Romantik, keine Action, kein Abenteuer. Einfach nur ein beschissenes Leben.

"Die innere Sicherheit" ist ein geradezu bleierner "Problemfilm". Selbstverständlich sind seine Tristesse und seine endlos scheinenden Kameraeinstellungen Kalkül, selbstverständlich passt die äußere Form dieses ungeliebten Genres perfekt zur Handlung und zur Aussage des Filmes. Niemand erwartet Action, aber trotzdem versäumt es der Film, seine Aussage auf den Punkt zu bringen, ist das dramatische, befreiende Ende seltsam unspektakulär. Was gewollt, sinnvoll, ja künstlerisch ist, kann zu einer nervtötenden Gedultsprobe ausarten. Zumal der Film gelegentlich droht, ins Klischee abzugleiten. Besonders was die Besetzung der Terroristentochter Jeanne mit der talentierten Julia Hummer betrifft. So grau und verloren wie sie samt Augenringen ins Bild gesetzt wird, ist sie das ewige Opfer: Sie wirkt nicht nur wie eine Terroristentochter, nein auch noch wie das typische Missbrauchssopfer, vielleicht wie die kaputte Kleine vom Babystrich, wie ein Kind vom Bahnhof Zoo. Der klitzekleine Millimeter an Tristesse, der zu dick aufgetragen wurde.

Deutschland 2000, 107 min
mit Julia Hummer, Barbara Auer, Richy Müller
Regie: Christian Petzold

Besucher Nr. seit 18.09.2001


Diese Kritik ist die Meinung von Enno Park.

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