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Kino - dafür werden Filme gemacht

Duell - Enemy at the gates

"Residenz" Bückeburg (11.04.2001)

Kritik von Johannes Pietsch

Jean-Jaques Annauds “Duell – Enemy At The Gates” zählt bereits jetzt zu den meistdiskutierten Filmen des Jahres. Der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale erntete eine Breitseite verheerender Kritiken. Geschichtsklitterung und glorifizierendes Heldenkino wurden dem Streifen vorgeworfen. Dabei ist der Festival-Prügelknabe bei weitem nicht das Machwerk, als das ihn eine Gilde hysterischer Feuilleton-Schöngeister deklassierten wollte.

Der Weltkrieg als Western – in “Duell – Enemy At The Gates” fokussiert der Regisseur von “Der Name der Rose” und “Am Anfang war das Feuer” die kriegswendende Völkerschlacht von Stalingrad narrativ auf das (weitgehend authentische) Duell zweier Scharfschützen: Wegen seiner Treffsicherheit wird ein junger russischer Soldat von Nikita Chruschtschow während der Schlacht um Stalingrad zum Nationalhelden aufgebaut. Gegen ihn schicken die Deutschen einen versierten Scharfschützen ins Feld.

Schon mit seinen früheren Werken bewies sich Annaud als versierter Handwerker für aufwendige Materialschlachten. Dies stellt er bei seiner Eingangssequenz eindrucksvoll unter Beweis, bei dem russische Infanteristen wie Vieh in das chaotisch-blutige Gemetzel der Stalingradschlacht gehetzt werden. Die folgende Auseinandersetzung der beiden Kontrahenten inszenierte Annaud mit der Western-Ästhetik eines Sam Packinpah. Es ist das hochstilisierte Duell zweier faszinierender Darsteller: Auf der einen Seite Jude Law als naiver Bauernjunge, der zum Kriegshelden wider Willen avanciert, auf der anderen Seite Ed Harris, der den deutschen Major König in schillernder Balance zwischen schwermütiger Melancholie und eiskalter Berechnung charakterisiert.

Bei den übrigen Figuren leistete sich Annaud jedoch mehr als eine Banalität. Sein Politkommissar Danilov (Joseph Fiennes) wurde mehr als offenkundig beim Revolutionär Strelnikov aus David Leans “Doktor Schiwago” abgekupfert. Die Liebesgeschichte zwischen Wassili und einer jüdischen Soldatin (Rachel Weisz) ist schlichte Landser-Groschenheft-Romantik vor Trümmerfeldern. Und Bob Hoskins bietet als Nikita Chruschtschow eine reine Comicfigur.

In seinen ersten 20 Minuten ist “Duell – Enemy at the gates” das, was die Kritiker in dem ganzen Streifen suchten und nicht fanden: Ein aufwühlender Kriegsfilm mit schockierend naturalistischen Kampfszenen. Wie eine Dante’sches Höllengemälde malt Jean-Jaques Annaud die Blutmühle des brennenden Stalingrad an den Horizont, in das die jungen Rotarmisten zum Sterben getrieben werden. Die Bedrohlichkeit des Untergangs-Szenarios verflüchtigt sich jedoch sehr schnell von dem Moment an, in dem sich die Handlung auf das Duell der beiden Scharfschützen konzentriert. Von hier an wird der Krieg zur folkloristischen Kulisse für eine konventionelle Abenteuergeschichte, die sich so oder ähnlich auch in einem Western oder sogar bei Karl May finden lassen könnte. Und während das ein angloamerikanisches Publikum kaum negativ berührt, besteht in Deutschland geradezu eine moralische Verpflichtung, eine solche Darstellung mit der Keule der Political Correctness in Grund und Boden zu rammen.

180 Millionen kostete der unter anderem in den Babelsberg-Studios gedrehte Film. Zum Vergleich: Joseph Vilsmaier kam 1992 für sein ebenfalls sehr aufwendiges “Stalingrad”-Werk noch mit 20 Millionen aus.

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Diese Kritik ist die Meinung von Johannes Pietsch.

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