Der niederländische Regisseur Dick Maas gehört zu jener überschaubaren
Gruppe europäischer Filmemacher, denen nach beachtlichen Kinoerfolgen in
den 80er Jahren der Sprung über den großen Teil möglich und
aussichtsreich erschien. Durch Filme wie "Adelbert" und "Picknick" hatte
Maas in seinem Heimatland auf sich aufmerksam gemacht, drehte 1986 die
Proll-Komödie "Flodders" und landete 1987 mit dem furiosen Thriller
"Amsterdamned" einen bemerkenswerten Kinoerfolg. Doch im Gegensatz zu
seinen beiden Landsmännern Paul Verhoeven und Jan de Bont blieb ihm der
Regiestuhl im Film-Schlaraffenland Hollywood bei Big-Budget-Produktionen
verwehrt, und seine Regiearbeit in den 90er Jahren beschränkte sich auf
zwei Flodder-Sequels und den Thriller "Do Not Disturb". Dick Maas'
neuer Film "Down" war möglicherweise als letzter Versuch geplant, seinem
Marktwert in der Traumstadt neuen Auftrieb geben - jedoch mit eher
zweifelhaftem Erfolg.
Mit "De Lift" (deutscher Titel: "Fahrstuhl des Grauens") hatte Dick Maas
1982 ein feines, kleines Trash-Horror-Werk vorgelegt: Ein
Hochhausfahrstuhl, der ein für seine Passagiere äußerst ungesundes
Eigenleben entwickelte, sorgte in Europa für volle Kinosäle und
verschaffte seinem Regisseur und Drehbuchautor internationale Beachtung.
Gleichzeitig legte der Film den Grundstein für die Zusammenarbeit mit
seinem Lieblingsdarsteller Huub Stapel, den er unter anderem 1985 auf
Mördersuche im "Verdammten Amsterdam" schickte. Zum zwanzigsten
Geburtstag des menschenfressenden Beförderungsmittels polierte Dick Maas
seinen Horror-Erstling als Eigenremake auf. "Goin up" lautete damals der
englische Verleihtitel für "De Lift", nun geht es abwärts: "Down" Das
jedoch nicht nur im Titel, sondern auch ganz gewaltig hinsichtlich des
Unterhaltungswertes beim entstandenen Stück Zelluloid.
An der Story hat sich außer der Lokalität des Ganzen nicht sonderlich
viel geändert: Maas' Mörderfahrstuhl lädt sein Frischfleisch jetzt im
"Millenium"-Building ein, einer Mutation aus Chrysler- und
Empire-State-Building mit 102 Stockwerken in New York. Der Spuk beginnt
klischeetypisch harmlos: Zunächst werden nur ein paar Schwangere
terrorisiert, dann stürzt ein Blinder mitsamt Blindenhund in plötzlicher
Ermangelung einer Kabine in die Tiefe. Die Mechaniker können keine
Ursache entdecken, und die Betreiber des Millenium-Buildings versuchen
nach Kräften, abzuwiegeln und zu vertuschen. Dann geht es Schlag auf
Schlag: Einen Sicherheitsbeamter kostet der Blick in den
Fahrstuhlschacht den Kopf, ein Skater wird im Erdgeschoss in den Lift
gesaugt und im obersten Stockwerk über die Aussichtsplattform wieder
ausgespuckt und ziert daraufhin den Asphalt.
Dick Maas scheint ein ökonomisch denkender Regisseur zu sein: Zwar
versucht "Down", sich den Anstrich des aufwendigen Hochglanz-Remakes zu
geben, wirkt jedoch bei näherem Hinsehen genauso trashig wie das
Original und noch dazu wesentlich unentschlossener, wohin die Reise
gehen soll: Horror, Parodie oder Slapstick? Die Darsteller sind fast
ausnahmslos dritte Hollywoodgarde: James Marshall und Eric Thal kennt
man fast ausschließlich aus dem TV-Bereich, und auch Action-Veteran
Michael Ironside scheint seine beste Zeit hinter sich zu haben.
Hauptdarstellerin Naomi Watts, kürzlich erst in David Lynchs
"Mullholland Drive" zu sehen, wird ihren Part als
Groschenheft-Sprechblasen absondernde Journalistin auf der Fährte des
Mörder-Fahrstuhls sicherlich schnellstens als Jugendsünde vergessen
machen wollen.
"Down" scheitert noch mehr als ähnlich geartete Hollywood-Remakes - man
denke nur an Ole Bornedals "Nattevagten" alias "Die Nachtwache" - daran,
alles größer, schöner, besser machen zu wollen als das Original, sich
dabei aber komplett an Einzelkriegsschauplätzen zu verzetteln und dabei
den Blick für die Stimmigkeit des Ganzen aus den Augen zu verlieren.
Völlig aus den Fugen gerät Maas' Film, wenn er nach einem weiteren
Fahrstuhl-Massaker den amerikanischen Präsidenten Notstandsmaßnahmen
ergreifen und das Militär aufmarschieren lässt und außerdem für das
Verhalten des aufmüpfigen Elevators eine peinlich
pseudo-wissenschaftliche Science-Fiction-Erklärung mit modischer
Gentechnik-Paranoia heranzieht. Dann wird auf einmal aus dem
klaustrophobisch angehauchten Schacht-Grusical ein reichlich
hysterisches Katastrophenszenario mit einigen kläglichen Ansätzen zur
"Starship Troopers"-Persiflage, vereinzelten nicht sonderlich stimmig
wirkenden Gore'n'Guts und reichlich drittklassigen Trickeffekten.
Spannung ist Fehlanzeige, aber auch der Spaß am Gemetzel hält sich in
den klar limitierten Ausmaßen einer handelsüblichen Fahrstuhlkabine,
Marke Otis.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat sich der Zuschauer aber längst
entschieden, in Zukunft nur noch Fahrtreppe zu fahren oder Treppen zu
Fuß zu besteigen, um sich nicht von den kruden Einfällen irgend eines
außer Kontrolle geratenen gentechnologischen Experimentes zu Tode
langweilen zu lassen. Love in an elevator? Eher nicht. Und mit der
Karriere von Dick Maas geht es wohl weiter "down".
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