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Kino - dafür werden Filme gemacht

Die Pseudo Braut

Kritik von O. Materne

Hier handelt es sich um einen sehr ungewöhnlichen Film, der allein schon wegen seiner Originalität wahrscheinlich schnell wieder aus den Kinos verschwunden sein dürfte.

Hervorzuheben ist, dass wir diesem griechisch-türkischen Streifen die überzeugendste Frau-vergewaltigt-Mann-Szene seit "Enthüllung" (1995), mit Michael Douglas, verdanken. Eine besondere und gelungene Ironie liegt in der Tatsache, dass sich Ali, das 18jährige Objekt der Begierde, sich anschließend hemmungslos in die Täterin verliebt...

Damit wären wir beim Inhalt des Films: Der verstockte Ali wird von seinen reichen Eltern mit der burschikosen Nachbarstochter Nese verlobt. Um ihn auf die Ehe vorzubereiten, besorgen ihm seine Eltern sogar eine "Pseudo-Braut", d.h. eine Art Lehrerin, die Ali auf die Philosophie - und, nun ja, auch die Physiologie - der Ehe vorbereiten soll. Ali will erst nicht und will dann doch, und zwar zu sehr...

Eigentlich ist es doch ein toller Service, was Alis Eltern ihm bieten, auch wenn seine Mutter etwas zu häufig an der Tür lauscht. Es ist nur schwer vorstellbar, warum Ali sich gegen seine beiden Bräute anfangs dermaßen sträubt... aber er liebt eben sein Theaterspiel und will zunächst nichts anderes.

Die Musik klingt exotisch und anfangs gut und anders, wird aber sehr redundant eingesetzt, was den Gesamteindruck etwas schmälert. Etwas verwirrend angelegt sind die Untertitel, die bewusst oder nicht in gelegentlich seltsame und missverständliche Häppchen zerhackt sind. Der Film als Ganzes erinnert sowohl vom Stil wie auch vom Inhalt her an "Gegen die Wand", wirkt aber herziger.

Lustige und gelungene Szenen sind die bereits angesprochene Frau-vergewaltigt-Mann-Szene sowie die Einstellung, in der Ali gegenüber Enime einen Schimpansen spielt. Ganz nebenbei bietet der Film zwischen den Zeilen noch ein Plädoyer für die Selbstbestimmung der Frauen. Das hat die Welt gebraucht...

Ein besonderes Kabinettstückchen zeigt der freundlich wirkende Vater Alis, der mit rhetorischem Geschick und einem netten Lächeln bei einer Diskussion zu überzeugen versucht, sich jedoch sehr schnell von der hammerharten Seite zeigt, wenn es nicht so läuft, wie er es sich vorstellt...

Weniger überzeugend ist, dass die jünger wirkende Emine (alias Nurgül Yesilçay) so viel älter als der brave Ali (Onur Ünsal) sein soll. Das spricht aber nicht unbedingt gegen ihre Darstellung. Nicht ganz klar ist die Motivation von Emines jüngerer Schwester, die sie so handeln lässt, wie sie handelt (Futterneid?). Das herauszuarbeiten, wäre vielleicht eine darstellerische Aufgabe, wenn schon nicht die Aufgabe der Drehbuch-Autoren, gewesen.

Der Hauptdarsteller selbst, d.h. Onur Ünsal, lässt den Zuschauer eher gleichgültig, aber seine Rolle ist eben so angelegt: Unsicher und etwas aufsässig, "Die Reifeprüfung" mit Dustin Hoffman lässt grüßen. Dennoch wäre hier etwas mehr Charme wünschenswert gewesen.

Zu den Schwachpunkten zählt noch das lahme Finale: Die boshafte Familie Alis verschwindet ziemlich plötzlich aus der Handlung, und der Gesinnungswandel von Alis Nebenbuhler wirkt nicht glaubwürdig.

Insgesamt liegt der Streifen leicht über dem Mittelmaß, man kann 6 von 10 Punkten geben.

www.olaf-materne.de.vu

Diese Kritik ist die Meinung von O. Materne.

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