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Kino - dafür werden Filme gemacht

The In-Crowd

"Residenz" Bückeburg (09.05.2001)

Kritik von Johannes Pietsch

Um die Karriere von Mary Lambert war es in den letzten Jahren nicht sonderlich gut bestellt. 1989 hatte die talentierte Videoclip-Regisseurin mit der düsteren Adaption des Stephen-King-Romans "Pet Cemetary" Furore gemacht. 1992 dann lieferte sie das von Freunden des Hardcore-Horrors gefeierte, aber kommerziell nicht allzu erfolgreiche Sequel zu Stephen Kings Zombie-Schocker - doch damit schien die Karriere vorbei. Einmal bei den Hollywood-Bossen in Ungnade gefallen produzierte Lambert in den Folgejahren fast ausschließlich für das amerikanische Fernsehen. Jetzt gibt es ein neues Lebenszeichen von ihr im Kino - wenngleich auch kein besonders hoffnungsvolles für ihre Karriere.

Mit "The In-Crowd" versucht die einstige Zombie-Spezialistin ein wenig hilflos, an den gerade verebbenden Teenie-Thriller-Trend anzuknüpfen. Nur zu unverkennbar sind Anleihen und atmosphärische Ähnlichkeiten zu bekannteren Filmen des Genres. Mit der ebenso schwerreichen wie abgrundtief unmoralischen und verderbten Teenager-Clique, in der die Story des Films angesiedelt ist, wird schamlos nach "Eiskalte Engel" geschielt. Das schwüle, erotische Ambiente des Films, dessen latentes Knistern sich ständig entweder in enthemmte Sexualität oder pure Gewalt zu entladen sucht, fand sich bereits bei "Wild Things" - nur um Lichtjahre besser!

Dabei scheinen Mary Lamberts Ansätze durchaus hoffnungsvoll. Die Geschichte der jungen Adrienne (Lori Heuring), die nach einem Klinikaufenthalt von ihrem Therapeuten als Hilfsarbeiterin in einem noblen Ferienclub untergebracht wird und dort Zugang zu einer High-Society-Clique mit dunkler Vergangenheit findet, riecht förmlich nach postmodernem Noir-Stoff. Wenn die verderbte Noblesse-Clique ihrer Vergnügungssucht nachgeht, die Atmosphäre hormongeschwängert ist und jeder nach der Lust des Augenblickes giert, liegt der Tod bereits in der Luft.

Doch Mary Lambert vergibt konsequent jedes Potential der Story. Aus den Impressionen der noblen Lasterhöhle, die in "Eiskalte Engel" sehr treffend verkommene Upperclass-Dekadenz plakatierten, wird hier eine billige Leistungsschau der amerikanischen Finanz-Adels mit Tennis-Court und Golfplatz. Von allem darf's ein bisschen zu viel sein: Söhnlein brilliant bekommt vom Papa ein Cabrio geschenkt, weil er tapfer ein bisschen auf den Schnee in der Nase verzichtet hat, und ein anderer Wonneproppen verwettet beim Pool-Billiard seine Freundin an den Gegenspieler, der dazu gleich den Billiardtisch zweckentfremdet - selten wurde Sittenverfall so überzeichnet, synthetisch und lebensfremd dargestellt.

Noch viel ärgerlicher ist, dass die meisten Fährten, Fingerzeige und Rätsel der Thrillerhandlung, die während der Exposition ausgelegt werden, ins Leere laufen: Was hätte man aus der Konstellation der beiden antipodisch angelegten Hauptfiguren alles machen können: Die eine - Adrienne - eine auf Bewährung entlassene Psychiatrie-Patientin mit Hang zu sexuellen Zwangsvorstellungen, stets latent auf der Kippe zum Rückfall, die andere - Brittany - ein verwöhntes, genauso hemmungs- wie gewissenloses High-Society-Girl, beide vorbelastet und zugleich im Geiste verschwistert durch mysteriöse Vorfälle in ihrer Vergangenheit.

Doch nichts passt am Ende richtig zusammen, wird einfallsreich fortgeführt oder mit überraschenden Wendungen entwickelt. Adriennes Vergangenheit, Brittanys obskures Verhältnis zu Adriennes Therapeut, die lesbische Beziehung Brittanys zu einem Cliquen-Mitglied und die von ihr angestiftete Beinahe-Vergewaltigung von Adrienne, die angedeuteten Verflechtungen ihrer beider Vergangenheiten - sie alle bleiben als lose Handlungs-Fragmente mit sterilem Erotik-Touch in der Luft hängen, ohne aufgelöst, erklärt oder entwirrt zu werden. Was sich letztendlich als Auflösung des reichlich verworrenen Thriller-Plots offenbart, ist billiger und vorhersehbarer als der Schluss jeder Vorabend-Krimiserie. Da hilft auch der mit ein bisschen Teenie-Horror, verwesten Leichen und zu Mordwerkzeugen umfunktionierten Golfschlägern angereicherte Final Showdown nichts mehr.

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Diese Kritik ist die Meinung von Johannes Pietsch.

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