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Kino - dafür werden Filme gemacht

- An jedem verdammten Sonntag -

Kritik von Lorenz Reichardt

zur "filmfacts" Kritik

- Filmposter -
Kennen Sie U-Turn? Ein durchaus interessanter Film von Oliver Stone, in dem ein kleiner Gauner in einem Kaff strandet, von den inzestgeschädigten Bewohnern beinahe in den Wahnsinn und von einer Sünde im roten Kleid in den Tod getrieben wird. Das sagt Ihnen nichts? Das ist völlig egal! Denn Stone kann es besser und das beweist er eindrucksvoll mit Any Given Sunday (An Jedem Verdammten Sonntag). Einem Sportlerdrama, das zu intensiv, ist um zu langweilen, zu ehrlich, um nicht zu berühren und bisweilen zu ironisch, um zu verkrampfen.

Die Geschichte kreist um den alternden Footballtrainer Tony D´Amato (Al Pacino), dessen beste Tage längst vorüber scheinen. Seine Männer verlieren mit erschreckender Regelmäßigkeit, seine Chefin, die junge Clubbesitzerin Christina Pagniacci (Cameron Diaz) hat den Profit, nicht das Spiel vor Augen und sein Privatleben ist ein alkohlgetränkter Trümmerhaufen. D´ Amato gerät zusätzlich unter Druck, als der erfahrene Quarterback Jack Rooney (Dennis Quaid) ins Krankenbett gefoult wird.

Der junge Grünschnabel Willie Beaman (Jamie Foxx) springt für den Verletzten ein. Beaman nutzt die Chance seines Sportlerlebens und wächst überraschend schnell an seiner Aufgabe. Mit ungewöhnlichen Spielzügen, eigenwilligen Kapriolen und vollem Einsatz reißt er die Herzen der Zuschauer und die Punkte an sich. Die Siege kehren schnell zurück, der Teamgeist wendet sich jedoch mit der gleichen Geschwindigkeit ab. Denn Beaman und andere Jungtalente der Mannschaft verstehen sich fortan als Einzelkämpfer im großen Krieg der eigenen Marktwertsteigerung. D´Amato droht deshalb den letzten Sicherheitshaken an dem seine Existenz baumelt, zu verlieren; seine Autorität als Trainer.

Sie sagen, dies sei kein besonders aufregender Plot? Das könnte wahr sein, ist es aber in diesem Falle nicht und das hat mehrere Gründe. Zunächst führt Stone hier eine phantastische Riege talentierter Schauspielern, die die Grautöne ihrer jeweiligen Figuren heraus zuarbeiten Imstande sind. Es werden von ihnen Menschen dargestellt, die nicht nur eine Charaktereigenschaft stilisieren, um eine simple Einordnung zu ermöglichen, sondern deren Motivationen vielfältig sind. Dadurch werden sie real.

Einen weiteren überragenden Pluspunkt stellt die visuelle Umsetzung des Films dar. Was Sie erwartet, ist TNT für die Augen, dessen Druckwelle Sie tief in den Kinosessel pressen wird! Untermalt von einem perfekt ausbalancierten Soundtrack stürzen Sie mitten in eine Arena moderner Gladiatoren und spüren die Erschütterungen des Rasens. Stone setzt für diese Sequenzen sämtliche Möglichkeiten und Kniffe moderner Kameraführung ein. Trotz der schnellen Schnitte und schemenhaften Verzerrungen, hat dieser Stil aber wenig mit dem aufgeregten Gewackel mancher Musiksender zutun. Denn während es bei den Clipverwertern meist nur um einen hippen aber sinnlosen Look geht, will uns Stone mit seinem Blickwinkel etwas vermitteln, die Energie eines rohen, kraftvollen Spieles.

Neben dem entfesselten Bildersturm hat Any Given Sunday noch weitreichendere Qualitäten zu bieten. So sind der Regisseur und seine drei Drehbuchautoren klug genug, Klischees zu vermeiden, indem sie uns bis an den Rand eines solchen führen, um dann eine unvorgesehene Wendung zu vollführen. So erleben wir D´Amato beispielsweise in einer Bar mit einer jungen Frau, die sich bewundernd über ihn äußert. Das Filmgesetz, das etwas über die besondere Anziehungskraft zwischen alten Männern und blutjungen Frauen aussagt, scheint einmal mehr zu greifen. Doch schon im nächsten Moment erkennen wir, daß D´Amato für das Interesse der Frau und für alles andere was er wünscht, bezahlen muß.

Ebenso ungewöhnlich ist es, daß bei zwei Spielern der dramaturgische Boden für ein tragisches Ableben in der Arena bereitet wird, jedoch beide noch atmen, während der Abspann bereits läuft. Stone erfüllt durchaus die Erwartungen von uns Zuschauern, aber eben nicht alle. Und zum Glück spart er genau jene aus, die uns zum Gähnen bringen. Any Given Sunday gestattet uns so einen unterhaltsam-bissigen Blick hinter die Kulissen eines harten Profisports und läßt uns teilhaben an den Siegen und Niederlagen der Menschen, die ihn mit Leben füllen.

Definitive Empfehlung - Großartig, Kinokarte lösen!

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Diese Kritik ist die Meinung von Lorenz Reichardt.

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